Wanderweg St. Kanzian (707)

Der Wanderweg St. Kanzian (Sv. Kocijan) bekam seinen Namen nach der mittelalterlichen Kanziankirche, die sich auf der Spitze des gleichnamigen Hügels und der von Borut nach Südosten höchsten Erhebung befand. Die Strecke startet von der Haltestelle in Borut, wo es sofort über das Bahngleis und entlang des Fabrikzauns geht, die gelb-grünen Markierungen folgend. Die Strecke umgeht die Fabrik von rechts, läuft über die kleine Brücke über Borutski potok und weiter zwischen den bebauten Feldern und der Schnellstraße bis zur Unterführung, die uns auf die andere Seite der Schnellstraße bringt. Nach etwa hundert Meter Asphaltweg läuft die Strecke rechts über einen Waldweg weiter. Dieser teilt sich bald entzwei und wir nehmen den linken Weg aufwärts. Der Aufstieg auf den Hügel St. Kanzian stellt den anspruchsvollsten Teil dieser Wanderstrecke dar. Wir empfehlen, nicht zu eilen, sondern von Zeit zu Zeit umzudrehen und die sich hintereinander bietenden Panoramas zu genießen. Interessant sind auch die Pflanzenarten auf die Sie unterwegs treffen, also sollen die Botanikfreunde ihre Augen weit offen halten. Vom Start an werden Sie von dem berauschenden Geruch von Majoran (Thymian) verfolgt.

 

Über die Kanziankirche ist heute eigentlich sehr wenig bekannt. Wieso wurde eine Kirche auf der Spitze eines so schwer zugänglichen und unbewohnten Hügels gebaut? Oder war der Hügel einst doch bewohnt? Vielleich war St. Kanzian noch in der Vorhistorie bewohnt, als man wegen der leichteren Abwehr die befestigten Siedlungen auf steilen Hügelspitzen baute? In Istrien gibt es etwa 350 solche Burgen, und die nächste befindet sich in Stari Draguć, auf der höchsten Erhebung Richtung Nordwesten. Wieso wissen wir so wenig? Die Antwort liegt gerade auf dieser Wanderstrecke. Dieser Teil von Istrien, der noch den Namen „graues Istrien“ trägt, besteht aus Mergelstein und Flysch, einem sehr wetterempfindlichen Material. Und wir können sehen, wie die auf den Wanderweg kommenden Sturzbäche die Landschaft auswaschen, tiefe Gräben und Risse hinterlassen und das umgebende Gelände ständig ändern. Aus diesem Grund sind in diesem Teil Istriens die Überbleibsel der historischen Schichten schwer bemerkbar sind. Obwohl das Gebiet St. Kanzian wegen seiner Lage und seiner eingeebneten Hügelspitze schon längere Zeit in der Literatur als potentielle prähistorische Fundstelle erwähnt wird, wurden bis jetzt keine solchen Beweise gefunden. Ein Grund mehr um die Augen weit offen zu halten, vielleicht gelingt es gerade Ihnen.

 

Vor der Hügelspitze führen die Markierungen von dem breiteren Weg auf einen steilen Waldweg, von dem sich in der Ferne die Aussicht nach Hum und Tibole eröffnet. Der Weg führt auch vorbei an einem merkwürdigen Eichbaum mit knotenartigen, den Menschenköpfen ähnlichen Verdickungen in den Ästen. Es handelt sich von einer Pflanzenart, die in Istrien „bisak“ (Mistel) heißt, eigentlich ein Eichenparasit ist und aus wessen Blättern der bekannte Schnaps „Biska“ hergestellt wird. Von der Hügelspitze führen die Markierungen zuerst auf eine Weide und dann einen breiten Waldweg über die Hügelspitze bis zu den Ruinen der Kanziankirche. Der Heilige Kanzian war ein katholischer Märtyrer aus der Zeit der Diokletianischen Christenverfolgung. Eigentlich waren es drei Brüder: Cantius, Cantianus und Cantianilla, die gemeinsam mit ihrem Lehrer Protus, der sie dem Christentum lehrte, am 31. Mai 304 in San Canzian d'Isonzo neben Aquileia getötet wurden. Sie werden am 30. oder 31. Mai gefeiert.

 

Von den Ruinen geht es über einen kaum bemerkbaren Weg weiter, der langsam immer breiter wird, und schließlich auf einen weiten Makadamweg stößt, der rechts zum verlassenen Weiler Bonašini führt. Es geht aber links bis zur nächsten Kreuzung weiter. Haben Sie für heute genug, so können Sie hier den linken Weg zurück nach Dausi und Borut nehmen, im Gegenfall geht es rechts zum Weiler Tenčići weiter. Unterwegs bieten sich von rechts Aussichten auf die Ortschaften Lindar und Gračišće und die benachbarte Gradinji breg, deren Namen auch eine vorhistorische Burg andeutet. Links bietet sich die Aussicht auf Učka und Ćićarija. Viele von Ihnen werden erkennen können: (von links zu rechts) Roč, Semić, Lupoglav, Gorenja und Dolenja Vas, Boljun, Vranja und Tunnel Učka. Es geht unmittelbar vorbei an die Weiler Tenčići und Bregi, wo auch die kurze Asphaltstrecke unseres Wanderwegs beginnt. Wir steigen hinunter zum Fuß des Hügels Straževica, wo wir zu einer Kreuzung kommen. Hier kann man links den Waldweg zu Paz nehmen, aber es ist noch besser, davor die Markierungen auf dem Asphaltweg noch etwa zweihundert Meter zu folgen und Straževica zu besteigen. Der Name selbst assoziiert auf die Funktion dieser Erhebung in der Geschichte (Wache). Und wo die Wache war, muss auch die gute Aussicht sein! Der Aufstieg lohnt sich.

 

Auf dem Weg zu Paz geht es zuerst durch den Wald und dann durch eine Landschaft, wo unfruchtbarer aber attraktiver Flyschboden dominiert. In der Ferne erblicken wir zuerst das mit Weinhainen umrundete Landschloss Belaj, in einem Augenblick erscheint Boljun und erst dann auch Paz. Wenn wir Paz erblicken – sind wir genau auf der Hälfte des heutigen Wegs. Von Paz geht es zurück nach Borut über einen anderen, etwas kürzeren Weg. Zuerst nehmen wir denselben Weg bis zu den Dörfern Tupaljica und Makarunska Vas. Von der breiten Makadamstraße in Makarunska Vas geht es links über einen schmalen Traktorweg weiter, der uns noch tiefer in das Tal hinunter führt. Am Talrand erwartet uns eine sanfte etwa ein Kilometer lange Anhöhe, nach welcher wir eine zahme fruchtbare Hochfläche mit bebauten Feldern erreichen. Am Anfang des Weilers Sandalji also direkt auf unserem Weg befindet sich die Landwirtschaft Stara Štala, wo Sie die für diese Region typischen Produkte kosten können. Wir empfehlen, sich einen Tag früher anzumelden, aber sogar wenn Sie vom Wanderweg anrufen, werden die Hausherren etwas Erfrischendes und Leckeres bereit haben. Von Sandalji bis Borut sind noch etwa 2 km Asphaltstrecke. Vor dem Ziel richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Stirnseite der Kirche Heilig Geist (Sv. Duh). Auf dem Stein oberhalb der Eingangstür steht die Notiz in glagolitischer Schrift, dass die Kirche 1560 erbaut wurde.